Ben in der Zeit der Dämmerung 🌆🦇

Als die Nacht einfach nicht kommen will und die Dämmerung stehenbleibt, machen sich Ben, Luna und Pips auf eine geheimnisvolle Reise durch einen Park voller Stille. Eine magische Entdeckung bringt nicht nur die Zeit, sondern auch die Träume zurück. Eine ruhige, stimmungsvolle Gute-Nacht-Geschichte zum Einschlafen.

© Wowbook – Ben die Fledermaus

10/4/20253 min read

An einem Abend, der eigentlich wie jeder andere war, flatterte ich – Ben, die kleine Fledermaus – durch die beginnende Nacht. Der Himmel glühte orange, Vögel zwitscherten ihr letztes Lied, und das Rascheln der Blätter klang wie ein gutes Nachtlied für den Wald.

Doch irgendetwas war anders.

Normalerweise wird es nach und nach dunkel. Doch heute … blieb die Dämmerung. Kein Stern zeigte sich, kein Mond war zu sehen. Die Farben am Himmel standen still. Es war, als hätte jemand die Nacht angehalten.

Ich landete auf meinem Lieblingsast und spähte über den Park. Alles war in ein seltsames Licht getaucht – nicht hell, nicht dunkel. Es war, als würde die Zeit selbst den Atem anhalten.

„Merkwürdig, oder?“, hörte ich eine Stimme.

Es war Pips, die kleine Maus mit den blitzgescheiten Augen. Er kletterte flink über den Ast zu mir. „Ich habe versucht zu schlafen, aber die Dunkelheit kam nicht. Mein Uhrzeiger bleibt stehen!“

„Und meine Flügel fühlen sich schwer an …“, murmelte Luna, der Nachtfalter, als sie leise zwischen uns landete. „Als ob sie warten müssten.“

„Worauf?“, fragte ich.

„Auf die Nacht“, flüsterte Luna. „Doch die kommt nicht.“

Wir blickten in den Himmel. Die Farben waren wie gemalt – aber unbeweglich. Kein Wind, kein Wandel.

„Vielleicht träumen wir?“, fragte Pips.

„Dann träumen wir gemeinsam“, sagte ich. Und so machten wir uns auf, durch den Park, in dem die Dämmerung regierte.

Tiere lagen schlaflos in ihren Höhlen, Käfer schauten verwirrt aus ihren Verstecken, selbst der Igel war wach – und das will was heißen! Die Uhren tickten nicht, Wasser bewegte sich nicht, als würde der ganze Wald warten.

Luna hob plötzlich den Kopf. „Da! Seht ihr das?“

Ein sanftes Leuchten erschien zwischen den Baumwurzeln. Es war schwach, aber es pulsierte – wie ein Herz. Und es bewegte sich.

„Das … das ist das Herzlicht!“, hauchte Pips.

„Das was?“, fragte ich.

„Ein uraltes Licht, das nur erscheint, wenn die Zeit verloren geht“, sagte Luna. „Man sagt, es schlägt nur für die, die wach bleiben, wenn alles andere ruht.“

Ohne zu zögern folgten wir dem flackernden Glanz. Doch als wir näher kamen, sahen wir, dass es keine Kugel war, wie ich erwartet hatte – sondern ein flimmernder Lichtfaden, der sich durch das Gras wand und funkelte wie flüssiges Mondlicht. Er zog eine leuchtende Spur durch den Park, als wolle er uns führen.

Er führte uns durch Moos, unter Ästen hindurch, an träumenden Bäumen vorbei, bis zu einer kleinen Lichtung.

Dort, mitten im Zentrum, schlängelte sich der Faden spiralförmig zusammen – fast wie eine liegende Acht, das Zeichen der Unendlichkeit.

„Ich glaube, er wartet auf uns“, flüsterte ich.

Wir traten näher. Der Lichtfaden flackerte einmal, dann wieder – und mit jedem Schlag schien es, als würde die Luft um uns weicher werden. Ich spürte etwas in meinem Brustkorb – als würde mein eigenes Herz im gleichen Takt schlagen.

„Was machen wir jetzt?“, fragte Pips leise.

„Wir erinnern uns“, sagte Luna.

„Woran?“

„An die Nacht. An das, was sie bedeutet: Ruhe, Träume, Schutz …“

Ich schloss die Augen. Ich dachte an meine Baumhöhle, an Sissi die Schnecke, an das Mondlicht auf dem Wasser, an die Lieder der Eulen, an das sanfte Flattern von Flügeln.

Und da geschah es.

Ein Lichtstrahl stieg auf – aus der Mitte des Fadens – und malte eine Linie in den Himmel. Erst zart, dann kräftiger. Und mit ihm begann sich etwas zu bewegen. Die Wolken flossen, die Schatten wanderten, und die Farben der Dämmerung wurden dunkler.

„Die Zeit bewegt sich!“, rief Pips.

„Die Nacht kommt zurück“, sagte Luna leise.

Und tatsächlich: Ein erster Stern blitzte am Himmel. Dann ein zweiter. Und der Mond, rund und ruhig, kroch langsam über den Horizont.

Der Lichtfaden flackerte noch ein letztes Mal – dann verging er im Dunkel, als wäre er nie da gewesen.

Wir standen auf der Lichtung und staunten. Die Nacht war zurück. Und mit ihr unsere Träume.

„Danke“, flüsterte ich – ich wusste nicht, an wen. Vielleicht an das Licht. Vielleicht an die Nacht.

Pips gähnte. „Ich glaube, jetzt kann ich schlafen.“

Luna nickte. „Und ich fliege noch eine Runde. Nur kurz.“

Ich lächelte und flog langsam zurück zu meiner Höhle. Der Himmel war tiefblau, und die Sterne funkelten wie kleine Versprechen.

Manchmal braucht es nur ein leuchtendes Herz, um die Zeit wieder in Bewegung zu bringen. Und manchmal reicht ein Freund, um die Dunkelheit zu verstehen. 🌙🦇💫